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Bildergalerie Korporationsgemeinde, Altdorf

Versammlung der Bürger der Korporation Uri auf dem Lehnplatz in Altdorf, erste Hälfte 20. Jahrhundert.
Bild: Eduard von Matt, Staatsarchiv Uri

 

Korporationsgemeinde vom 5. Mai 2019 in Altdorf.

Bilder: Peter Studer/Pipaluk Minder, Texte: Rahel Wunderli.

Der Aufbau des „Rings“ findet am Vortag der Korporationsgemeinde statt. Die Elemente dieser Holzinstallation werden in einem landwirtschaftlichen Gebäude ausserhalb Altdorfs gelagert. Eigentümerin der Liegenschaft ist die Korporation.

Vor mehreren Jahren hat ein Ratsmitglied der Korporation die Holzinstallation in Anlehnung an den historischen „Ring“ konstruiert. Sein Plan dient beim Aufladen der Elemente auf den Lastwagen und beim Aufbau als Orientierung.

Ort des Geschehens ist der Lehnplatz in Altdorf. Bereits in früheren Jahrhunderten haben Abstimmungen hier stattgefunden. Hauptversammlungsplatz der Landsgemeinde, also der stimmberechtigten Bürger des ganzen Kantons, war allerdings bis zu deren Abschaffung 1928 eine Wiese im benachbarten Schattdorf.

Das Zusammenfügen der Tribünen-Elemente erfordert Kraft und Präzision. Für diesen Arbeitsschritt sind zusätzliche Helfer aufgeboten worden.

Die Tribüne für das morgige Ereignis ist erstellt.
Die Zeiten, als die kollektiven Ressourcen, insbesondere Wald und Weide, noch für den Grossteil der Korporationsbürger von wirtschaftlicher Relevanz, begehrt und umstritten waren, sind vorbei. Heute betreffen viele der an der Korporationsgemeinde verhandelten Sachgeschäfte nur noch eine Minderheit. Entsprechend gering fällt im Vergleich die Teilnahme aus (siehe historisches Bild oben).

Die Korporationsverwaltung hat sich zum Ziel gesetzt, die Korporationsgemeinde als Ereignis und Versammlungsort aufzuwerten. So lädt sie unter anderem im Vorfeld die Ehrengäste (VertreterInnen verschiedener politischer Institutionen im Kanton sowie Personen, mit denen sie in den vergangenen zwei Jahren zusammengearbeitet hat) zu einem Apéro ein.
Vor einigen Jahren, so erzählt eine Mitarbeiterin, habe man sich sogar überlegt, die Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom einzuladen. Diese war 2009 für ihre Arbeiten zu den commons mit dem renommierten Wissenschaftspreis ausgezeichnet worden. „Die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Allmend im Zug dieser Verleihung hat uns damals den Rücken gestärkt“, erzählt der Korporationsschreiber. Wieso man von der Einladung wieder abgekommen ist? „Ich weiss es nicht mehr. Wahrscheinlich hat uns der Mut verlassen.“

Derweil laufen im Nebengebäude die Vorbereitungen für den Umzug. Der sogenannte Harst wird eingekleidet. Das Wort ist eine alte Bezeichnung für die Vorhut einer kriegerischen Truppe. Diese besteht aus mehreren Figuren, welche verschiedene Amtsträger des alten Landes Uri verkörpern, der Vorgänger-Institution des heutigen Kantons. Mit diesen Symbolen wird an die Zeit vor der Helvetik angeknüpft, als das Land Uri noch ein Stand der Eidgenossenschaft und die Allmendgenossenschaft mit der übergeordneten politischen Institution identisch war.

Das Urner Wappentier, der Stier, führt den Harst an.

Die Route des Umzugs führt vom Rathaus, Tagungsort des Korporationsrats, im Zentrum von Altdorf zum Lehnplatz. Die Aufstellungsreihenfolge lautet dabei wie folgt: Feldmusik, Urner Harst, Weibel, Ausschuss des Engeren Rats (Exekutive) mit Korporationsschreiber, Ehrengäste, Korporationsrat (Legislative).

Die Korporationsgemeinde wählt die drei Vorsteher der Institution (Präsident, Vizepräsident und Verwalter) und stimmt über Sachgeschäfte ab. Dieses Jahr sind es zwei Anträge des Korporationsrates: Zum Einen die Neuorganisation eines Sömmerungsgebiets zwischen Bürglen und Schattdorf, was für die dort wirtschaftenden ÄlplerInnen veränderte Nutzungsregeln bedeutet. Zum Anderen eine markante Änderung in der Verteilung des Bürgernutzens, nämlich die Abschaffung der seit mehreren Jahrzehnten praktizierten Auszahlung von 5 Franken pro BürgerIn und stattdessen die Einführung von Gutscheinen für die Nutzung lokaler Angebote wie zum Beispiel Seilbahnen.

Wer in den Diskussionsrunden das Wort ergreift, tritt zum Rednerpult vor und wendet sich an die Versammlung. Früher habe man seine Argumente an den Vorsitz gerichtet.
Ein überzeugender Auftritt erfordert rhetorisches Geschick und Erfahrung. Die Korporationsverordnung ermahnt RednerInnen dazu, sich kurz zu fassen. Es wird aber niemand unterbrochen.

Dieses Jahr werden alle Wahlvorschläge und Vorlagen angenommen. Das Handmehr ist jeweils eindeutig. Diese öffentliche Form der Entscheidungsfindung ist ein wichtiges Element der ländlichen politischen Kultur und ihrer Geschichte.
Eine Mehrheit der Anwesenden sind Männer. Die Korporationsbürgerinnen haben erst 1991 das Stimmrecht erhalten. Auch die Gremien der Korporation sind nach wie vor stark männerdominiert.

Nach der Abstimmung sind die Anwesenden zum Mittagessen eingeladen. Auch diese Massnahme der Korporation soll dazu beitragen, das Interesse der BürgerInnen an der Korporationsgemeinde zu steigern.