Dr. Marc Aberle

Assoziierter Forscher

Professur für ältere Schweizer Geschichte

E-Mail
marc.aberle@faculty.unibe.ch
Postadresse
Schweizerische Gesellschaft für Geschichte
Villettemattstrasse 9
CH-3007 Bern
Ab Juli 2023 Ko-Redaktor Itinera. Beihefte zur Schweizerischen Zeitschrift für Geschichte
2023 – 2024 Postdoktorand am Historischen Departement der Universität Genf
Lehrbeauftragter (chargé de cours) am Historischen
2022 – 2023 Departement der Universität Genf (Geschichte der Frühen Neuzeit)
2021 – 2022 Koordinator der Sechsten Schweizerischen Geschichtstage
Juni 2021 Promotion an der Universität Neuenburg (summa cum laude) mit der Dissertation «La démocratie du croire. Une histoire régressive de la généalogie politique du protestantisme et des républiques entre Suisse et France (XVIIIe et XIXe– XVIe siècle)»
2020 – 2021 Assistent am Historischen Departement der Universität Genf (Schweizer Geschichte)
2020 – 2021 Lehrbeauftragter (chargé d’enseignement) an der Universität Neuenburg (Geschichte der Frühen Neuzeit)      
2016 – 2021 Doktoratsstudium an der Universität Neuenburg
2016 – 2021 Doktorand SNF am Historischen Institut der Universität Neuenburg (Ordinariat Christin)
2015 Masterabschluss
2015 – 2016 Projektbeauftragter an der philosophischen Fakultät der Universität Genf
2014 – 2015 Tutor am Historischen Departement der Universität Genf (Schweizer Geschichte)
2009 – 2015 Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Genf
  • Geschichte der Schweiz in der Frühen Neuzeit
  • Kulturgeschichte der Begriffe zwischen Schweiz und Frankreich
  • Ideengeschichte von Politik und Religion
  • Geschichte politischer Institutionen
  • Vorstellung von Demokratie in reformierten Kirchengemeinschaften
  • Geschichte der Knabenschaften und Vereinigungen lediger junger Männer in der Frühen Neuzeit
  • Reformierte Allianzpolitik und Religionskonflikte in der frühneuzeitlichen Schweiz

Glaubenskonflikte und Friedenslogik. Die Schweizer Religionskriege zwischen sozialen Praktiken, konfessionellen Spaltungen und konkurrierendes Gedächtnis

Zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert erlebte die Alte Eidgenossenschaft mehrere innere Konflikte, die als Religionskriege bezeichnet werden können – von den Kappelerkriegen (1529/1531) über die Villmergerkriege (1656/1712) bis zum Sonderbundskrieg (1847). Trotz ihrer religiösen Dimension spielten politische, soziale und territoriale Interessen eine zentrale Rolle. Diese Auseinandersetzungen wurden jeweils durch sogenannte Landfrieden beendet, die komplexe juristische Mechanismen der Verhandlung, Vermittlung und Machtteilung etablierten.

Ziel des Projekts ist es, die Schweizer Religionskriege neu zu analysieren, indem ihre religiösen, politischen und sozialen Ursachen sowie ihre Friedenspraktiken und Erinnerungskulturen in den Blick genommen werden. Im Zentrum stehen folgende Fragen:

  • Welche Rolle spielte der Glaube in der politischen Mobilisierung?
  • Welche Formen der Koexistenz entwickelten sich trotz der Konflikte?
  • Wie wurden diese Ereignisse im konfessionellen und nationalen Gedächtnis erinnert oder verdrängt?

Ein zentrales Anliegen des Projekts ist die kritische Edition und digitale Aufbereitung der Landfrieden, die bisher kaum erschlossen und selten vollständig übersetzt wurden – ein Beitrag sowohl zur historischen Forschung als auch zur politischen Bildung in der Schweiz.

Das Projekt verbindet Ansätze der Sozial-, Religions- und politischen Geschichte mit den Methoden der digitalen Geisteswissenschaften (Edition, Visualisierung, interaktive Kartografie). Es positioniert die Schweizer Erfahrungen im europäischen Kontext religiöser Konflikte und untersucht, wie eine konfessionell fragmentierte Eidgenossenschaft langfristig Mechanismen der Stabilität und friedlichen Koexistenz entwickeln konnte.

 

Knabenschaften und ledige Verbände: Männlichkeit, soziale Reproduktion und kollektives Handeln in der Frühen Neuzeit

Das Projekt untersucht die Rolle der Gruppen, die das gesellige Leben der Burschen sowie das Miteinander mit den ledigen Mädchen regelten. In der Frühen Neuzeit wurden diese Knabenschaften zu einem wichtigen Bestandteil des Stadt- und Dorflebens, der jedoch bisher wenig erforscht wurde. Organisiert in Knabenschaften oder Abteien, vereinten sie die Ledigen zwischen Kindheit und Erwachsenenalter. In vielen Städten und Dörfern des Ancien Régime organisierten junge Männer Rituale sowie Festkulturen und übten soziale Kontrolle über die Gesellschaft aus. Diese Gruppen spielten daher eine bedeutende Rolle als Vermittler von Werten, Hüter öffentlicher Moral, Akteure von Gewalt und Symbolträger männlicher Identität. Sie fungierten als informelle Instanzen sozialer Reproduktion und kollektiven Handelns, bis sie ab dem 17. Jahrhundert zunehmend durch kirchliche und staatliche Autoritäten zurückgedrängt wurden. Da diese Verteidigung der Normen mit anderen Herausforderungen verknüpft war, konnten die Burschen auch die Normen verändern oder in Frage stellen.

Das Forschungsvorhaben verfolgt die These, dass diese Jugendorganisationen neben Familie und «Schule» eine Schlüsselrolle in der Sozialisation junger Männer spielten – insbesondere im Hinblick auf sexuelle Normen, Geschlechterrollen und Zugehörigkeit. Auf der Basis umfangreicher Archivarbeit in der Schweiz, in Frankreich und in Süddeutschland wird ein vergleichender Ansatz gewählt, der sowohl katholische als auch reformierte Kontexte berücksichtigt. Die Analyse stützt sich auf ein breites Spektrum von Quellen, um die Praktiken, Konflikte und Transformationen dieser Gruppen sichtbar zu machen.

Verortet im Schnittfeld von Jugendforschung, Männlichkeitsgeschichte, Gewaltgeschichte und historischer Anthropologie trägt das Projekt zur Diskussion aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen bei: Welche Vorstellungen von Männlichkeit wurden tradiert? Wie wurden generationsspezifische Konflikte historisch verhandelt? Und inwiefern kann die Geschichte der Jugendgruppen helfen, gegenwärtige Debatten über mentale Gesundheit, soziale Verantwortung oder politische Partizipation junger Menschen historisch zu kontextualisieren? Die Studie will damit einen neuen Referenzrahmen zur Geschichte männlicher Jugendorganisationen in der Frühen Neuzeit etablieren.

Publikationen 

Marc Aberle, ««Comme un garçon de bien et d’honneur». La trace des compagnies de jeunes gens au xviiie siècle», xviii.ch, Revue suisse d’études sur le XVIIIe siècle, vol. 15, p. 5-21, 2024, https://doi.org/10.24894/2673-4419.00141.

Marc Aberle, «The Unintended Outcomes of Spreading the Gospel: Community Split, False Unanimity, Secular Blaming», Religions, vol. 15, no 8, 2024, 1020, https://doi.org/10.3390/rel15081020.

Marc Aberle, La démocratie du croire. Les républiques imaginées des réformés, Neuchâtel: Alphil-Presses universitaires suisses, 2023 [https://www.alphil.com/livres/1311-1572-la-democratie-du-croire-.html].

Marc Aberle, «Genève démocratique ou séditieuse? Deux constructions antagonistes d’un imaginaire théologico-politique (partie 1)», Bulletin de la Société d’histoire et d’archéologie de Genève, n° 47, 2023, p. 52-65.

Marc Aberle [et al.], Genève, des Allobroges à la bataille de l’Escalade, tome 1, éditions Petit à Petit, 2022 [bande dessinée historique ; https://www.petitapetit.fr/produit/geneve-t1/].

Irène Herrmann, Marc Aberle, «Penser la nature», Passé simple, n° 71, 2022, p. 34-35.

Marc Aberle, «Protestantisme et démocratie: une histoire régressive de l’articulation entre religion et politique», in Jan-Andrea Bernhard et Cordula Seger (éd.), Die Ilanzer Artikelbriefe im Kontext der europäischen Reformation, Zurich, TVZ, 2020, p. 187-214.

Fabrice Flückiger, Marc Aberle, Francesco Beretta, «Voting on Faith: Mapping Reformation Ballots with the Methods and Tools of Digital History. Sharing the Experience», Workflows for the Digital Humanities. Proceedings of the DARIAH-CH Workshop 2019, Université de Neuchâtel, DARIAH, Swiss Institute of Bioinformatics, 2019, Neuchâtel, [https://hal.archives-ouvertes.fr/halshs-02532087v1]

Marc Aberle, Olivier Christin, «Querelles de clocher dans l’Ancienne Confédération helvétique (1520-1540). Collateurs, dîmes et Réforme», Revue d’Histoire du Protestantisme, tome 4/1, 2019, p. 9-31 [https://www.jstor.org/stable/45141978].

Marc Aberle, «Cantonner la France. La circulation du modèle politique de Suisse au cours des guerres de Religion», traverse, 1, 2019, p. 34-46 [https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=tra-001%3A2019%3A26%3A%3A232]. 

Marc Aberle, Olivier Christin, Fabrice Flückiger, Raphaële Rasina, Vincent Alamercery, Francesco Beretta, Bernard Hours, «Voting on Faith: Understanding the Swiss Reformation through Digital Humanities», Workshop DARIAH-CH, Neuchâtel, 2018, [https://halshs.archives-ouvertes.fr/halshs-01944049]

Marc Aberle, Fabrice Flückiger, Olivier Christin, «La Réformation des clercs. Ancienne Confédération helvétique, 1525-1535», Revue d’Histoire du Protestantisme, tome 3/1, 2018, p. 9-30 [https://www.jstor.org/stable/44851107].

«Luther, le héros de la modernité?», Interview croisée avec Marion Deschamp, La Vie, hors-série, septembre 2017, p. 63-65.

Marion Deschamp, Marc Aberlé, «Le legs politique de Luther chez les penseurs républicains français du XIXe siècle. Un héritage discuté», Revue Française d’Histoire des Idées Politiques, n° 45, 1er semestre 2017, p. 89-120 [https://www.cairn.info/revue-francaise-d-histoire-des-idees-politiques-2017-1-page-89.htm].

 

Vorträge (eine Auswahl) 

Mai 2025 Les imprévus de la liberté évangélique dans l’Ancienne Confédération suisse: un germe de la curiosité réformée pour la démocratie et la res publica. Workshop Freiheit – Demokratie – Gerechtigkeit, Université de Zurich.
Mai 2024 Fake-news avant la lettre? De la relation du protestantisme à la démocratie. Participation à une table ronde à l’invitation du Musée international de la Réforme, Genève.
April 2024 Trouble dans la rue: masculinités, performance et revendications collectives. Participation à une table ronde assortie d’une performance proposée dans le cadre du Festival Histoire & Cité sur le thème de la rue, Maison de l’histoire, Genève.
November 2023 Les compagnies de garçons: Masculinités, reproduction sociale et actions collectives à l’époque moderne. Présentation au Kolloquium für Neuere Geschichte und Ältere Schweizer Geschichte, Université de Berne
November 2023 The kingdoms of youth. Youth groups in modern times. Présentation au colloque annuel de la Basel Graduate School of History, Swiss Conference for Early Career Historians, cycle Reflections on the Past, Perspectives for the Future, Université de Bâle
November 2023 Les jeunes, metteurs en scène de la honte. Présentation au cours général d’études genre de la Faculté de lettre de Genève, cycle Faire ou défaire la honte. Arts, genre et discriminations, Université de Genève.
Oktober 2023 Introduction de la journée d’étude Ordre, contrordre, désordre? Les sociétés de jeunesse à l’époque moderne, Université de Genève.      
November 2022 Vice et vertu à la lumière des deux justices. Le traitement des figures de Renée de France et de Catherine de Médicis. Présentation au cours Droit et justice face au genre, Université de Genève
Oktober 2022 Genève diabolique? La Rome protestante en clair-obscur. Présentation à l’Atelier Saint-Ours, Département d’histoire générale, Université de Genève
Februar 2022 Guerre juste contre mépris de la parole de Dieu. Une analyse au prisme des écrits d’Ulrich Zwingli et de Lambert Daneau. Présentation au colloque (Ab)jurer sa parole. Promettre la guerre et s’engager pour la paix pendant les crises de l’époque moderne (xvie-xviie siècles), Université de Genève.