Podcastreihe «Und die Frauen?»

Marie Heim-Vögtlin
Marie Heim-Vögtlin
ETH-Bibliothek Zürich

Im FS2025 erstellten die Studierenden des Seminars «Und die Frauen? Frauen im jungen Schweizer Bundesstaat zwischen Diskriminierung und Selbstermächtigung» unter der Leitung von Prof. Dr. Silvia Berger Ziauddin eine Podcastreihe zu sechs (bildungs-)bürgerlichen Frauen. Anhand der Biografien von Josephine Stadlin-Zehnder, Emilie Paravicini-Blumer, Marie Heim-Vögtlin, Lydia Welti-Escher, Helene von Mülinen und Margarethe Faas-Hardegger fragt die Reihe nach den Spielräumen und Aktionsfeldern, die sich Frauen im eingeschränkten familiären, rechtlichen und sozialen Umfeld des jungen Schweizer Bundesstaats schufen. Auch die Vorbedingungen, Abhängigkeiten und Grenzen der Selbstermächtigung sowie des eigen- und widerständigen Handelns und Denkens werden ausgelotet.

Josephine Stadlin-Zehnder, eine Pionierin der weiblichen Bildung in der Schweiz des 19.Jahrhunderts, bildet den Auftakt der Podcast-Reihe Und die Frauen?. Stadlin, die 1806 in ein liberal-bürgerliches Elternhaus in Zug geboren wurde, liess sich am von Rosette Niederer- Kasthofer geleiteten Mädcheninstitut in Yverdon nach Pestalozzis Methoden ausbilden. Einige Jahre später gründete sie ihr eigenes Erziehungsinstitut in Zürich. Ihre theoretischen Auseinandersetzungen hinsichtlich der weiblichen Erziehung bilden die Grundlage der 1845 gegründeten Zeitschrift Die Erzieherin, die sich vor allem an eine weibliche Leserschaft richtete. In unserer Podcast Folge machen wir eine kurze Zeitreise in Stadlins Erziehungsinstitut und setzen uns danach mit ihrem Appell Bitte! auseinander, den Stadlin für ihre Zeitschrift 1847 verfasste. Stadlins Strategien der Selbstermächtigung in der «Männeröffentlichkeit» des 19. Jahrhunderts und die Grenzen, an die sie gestossen ist, sind die nächsten 15 Minuten gewidmet.

Verantwortlich: Simon Cimirro, Esther Laurenčíková und Raissa Ruchti

Die zweite Folge der Podcast-Reihe Und die Frauen? beschäftigt sich mit der Glarnerin Emilie Paravicini-Blumer (1808–1885). Im Zentrum steht die Frage, inwiefern eine Arzttochter aus dem ländlichen Glarus zu den bedeutendsten Frauen der Schweiz im 19. Jahrhundert gehörte. Amélie Jaggi führt als Sprecherin die Protagonistin kurz ein. Das anschliessende Gespräch zwischen Jasmin Gauch und Paula Zysset ist chronologisch in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil des Podcast steht die Ehe zwischen Emilie Blumer und Bartholome Paravicini sowie Emilie Paravicini-Blumers Engagement im Bereich der öffentliche Mädchenbildung im Vordergrund. Der zweite Teil fokussiert sich auf das Leben der Glarnerin nach dem Tod ihres Mannes. Hier steht insbesondere ihre autodidaktische Ausbildung zur Homöopathin im Zentrum des Gesprächs. Anhand der Tätigkeitsbereiche von Emilie Paravicini-Blumer zeigt der Podcast auf, welche Handlungsspielräume sie sich erkämpfte und mit welchen sozialen, gesellschaftlichen und rechtlichen Einschränkungen sie dennoch konfrontiert war.

Verantwortlich: Jasmin Gauch, Amélie Jaggi und Paula Zysset

Marie Heim-Vögtlin ging als erste Schweizer Ärztin in die Geschichte ein. Im Podcast wird ihr Weg vom Bauerndorf Bözen bis zu ihrer eigenen Praxis an der Hottingerstrasse in Zürich erzählt. Als Einstieg dient ein Wendepunkt in ihrem Leben: Mit 23 Jahren geht ihre Verlobung mit Fritz Erismann in die Brüche, was ihr jegliche Aussicht auf Ehe und Familie raubt. In ihrem Liebeskummer fasst sie den Entschluss, Medizin zu studieren und Frauenärztin zu werden. Es ist ein beschwerlicher Weg, den sie gewählt hat. Der Podcast richtet den Blick auf die Widerstände, die Marie von Seiten der Gesellschaft, ihrer Familie und der Universität überwinden musste, um ihren Plan zu verfolgen. Gleichzeitig wird auch aufgezeigt, durch wen sie Unterstützung erfahren hat. Neben ihrem Vater ist hier speziell die Bedeutung von Frauenfreundschaften zu erwähnen.

Eine weitere Frage, die der Podcast verfolgt, ist die Rezeption von Marie Heim-Vögtlin. Wie wurde in späteren Frauenbewegungen auf sie zurückgeblickt und wie ordnen wir heute ihr Leben zwischen bürgerlichem Pflichtbewusstsein und Pionierleistung ein?

Für den Podcast wurde Verena E. Müller, die 2007 eine Biografie zu Marie Heim-Vögtlin herausgegeben hat, als Expertin herbeigezogen. Ausschnitte aus dem Interview ergänzen die dialogische Narration im Podcast.

Verantwortlich: Claudia Kohler, Anna Moerikofer und Louis Stemmer

Der Podcast wird in Kürze aufgeschaltet.

Lydia Welti-Escher hat die Grenzen der weiblichen Handlungsspielräume wiederholt in Frage gestellt. Sie war die Tochter des bekannten Industriellen und Politikers Alfred Escher. Geboren wurde sie am 10. Juli 1858. Als es im heiratsfähigen Alter um die Anbahnung der Ehe zwischen Lydia Escher und Friedrich Emil Welti ging, war Alfred Escher zunächst gegen diese Verbindung. Sie setzte sich aber durch, so dass der Vater schlussendlich die Ehe billigte. Die enge Freundschaft, die sich zwischen Lydia Welti-Escher und dem Freund von ihrem Ehemann, dem bekannten Maler Karl Stauffer entwickelte, löste bei der Zürcher Gesellschaft Unverständnis und Kritik aus. Die Freundschaft war stärker als der gesellschaftliche Druck und das Ehepaar Welti-Escher entschloss sich, nach Florenz auszuwandern. Mit dem Ehebruch von Lydia Welti-Escher mit Karl Stauffer und ihrem Entschluss, ihren Mann zu verlassen hatte sie jedoch eine Grenze überschritten, die zu einer heftigen Reaktion von Friedrich Emil, und dessen Vater, dem Bundesrat Emil Welti, führte.

Der Podcast handelt von den Grenzen, die Lydia Welti-Escher einengten und die sie auszudehnen versuchte. Er zeigt auf, wie sich die Freundschaft und zwischen Lydia Welti-Escher und Karl Stauffer entwickelte und schlussendlich im Ehebruch endete. Die Vorgehensweise der Weltis gegen Lydia Welti-Escher, um sie in Italien außer Gefecht zu setzen und einen Skandal zu verhindern wird beleuchtet, ebenso die Zeit Lydia Eschers – ihre Ehe wurde unterdessen geschieden – in Genf, von wo aus sie die Gottfried-Keller-Stiftung gründete. Zum Verständnis ihrer Lebensumstände geht der Podcast auf gesetzliche und medizinische Aspekte ein, welche die Rolle der Frauen im ausgehenden 19. Jahrhundert wesentlich beeinflussten.

Verantwortlich: Nadia Djibrilla, Christina Geiser und Martin Meister

Wir haben der Podcast-Serie den Titel «Frauen-Power» verliehen. In unserem Beitrag geht es um die Stadtberner Burgerin Helene von Mülinen (1850-1924). Der Gastgeber (Christian Moser) ist im Gespräch mit einem Gast (Chiara Tanevski) über das Leben und Wirken dieser Frau. Zwischendurch lässt Chiara Tanevski mit Einspielungen (O-Tönen) noch eine Expertin zu Wort kommen, nämlich Annelies Hüssy, die in der Burgerbibliothek unter anderem den von-Mülinen-Nachlass betreute.

Es geht um Fragen über Formen der Selbstermächtigung für bürgerliche Frauen jener Zeit, aber auch über Diskriminierungen und Widerstände, gegen die sie ankämpfen mussten. Wir diskutieren aber auch unerfüllte Bildungswünsche, die krank machen können, und das Verhältnis von Helene von Mülinen zu Religion und Theologie. Und natürlich geht es nicht zuletzt um Helene von Mülinens Rolle in der Frauenbewegung und ihre zahlreichen öffentlichen Auftritte. Und wir verschweigen nicht, dass ihre Heimat-stadt Bern ihr nicht etwa eine Strasse widmete, sondern nur eine Treppe, die Helene-von-Mülinen-Treppe».

Verantwortlich: Christian Moser, Jasmin Schneider und Chiara Tanevski

Dieser Podcast erzählt vom turbulenten Leben und Engagement der ersten Sekretärin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB, Margarethe Faas-Hardegger. Um die Jahrhundertwende kämpft sie unermüdlich für die Rechte von Arbeiter:innen. Dabei nimmt sie bereits Ideen auf, die teilweise bis heute noch unerfüllt sind, wie zum Beispiel die Ungerechtigkeit der unbezahlten Arbeit der Hausmutter.1 Ihre Agitation im Arbeitermilieu stellt sich als wichtiger Kontrast zu der Tätigkeit anderer Pionierinnen dar. In ihrem Wirken kristallisieren sich bisher wenig beleuchtete Spannungen bezüglich Geschlechterrollen im gewerkschaftlichen Bereich heraus. Nebst ihrem Kampf für die Arbeiter:innen, setzt sich Margarethe Faas-Hardegger für weitere Anliegen ein, die auf ihre thematische Bandbreite hinweisen. So vertritt sie antimilitaristische und anarchistische Einstellungen, ein Streben nach sexueller Selbstentfaltung und das Recht auf Abtreibung. Themen die selbst heute noch als progressiv bezeichnet werden können. Faas-Hardegger setzt damit wichtige Impulse, die zwar nicht den Beginn des Bundesstaates 1848 prägen, aber auf dessen Versäumnisse abzielen.

In dieser Hinsicht gewährt dieser Podcast eine andere Perspektive auf die Emanzipationsbewegung der Schweizer Frauen. Es werden zentrale Phasen Faas-Hardeggers Lebens vorgestellt. Diese erstrecken sich von ihrem Aufwachsen in Bern und ihren Liebesbeziehungen über ihr politisches Wirken als Sekretärin des SGB bis hin zu den Problemen mit der Justiz. Kurze Glücksmomente und Schicksalsschläge sind dabei stetige Begleiter.

Verantwortlich: Rafael Klöpper, Sophia Koch und Ana Belén Oppliger Macias