Republican Secrets: Silence, Memory, and Collective Rule in the Early Modern Period

SNF-Eccellenza-Projekt
Laufzeit: 1. September 2022 bis 31. August 2027

Projektseite

Wie gingen frühneuzeitliche Republiken mit Geheimnissen um? Das Forschungsprojekt stellt die gängige Dichotomie zwischen vormoderner Arkanherrschaft und moderner öffentlicher Demokratie in Frage, indem es die Praktiken der politischen Geheimhaltung in Territorien unter kollektiver Herrschaft untersucht. Es analysiert die Geheimhaltungsregime, die in den Orten der Eidgenossenschaft und anderen zeitgenössischen Republiken eingerichtet wurden, um Staatsgeheimnisse (secreta publica) kollektiv zu diskutieren, vor äusseren Zugriffen zu schützen und dauerhaft zu speichern. Das Projekt soll damit zu einem besseren Verständnis der politischen Kultur der frühneuzeitlichen Republiken, dem Strukturwandel politischer Öffentlichkeiten und der Ursprünge moderner demokratischen Institutionen beitragen. Mit seinem Fokus auf Praktiken des Verschweigens und den mnemotechnischen Aspekten der Geheimhaltung erprobt es zudem neue methodische Ansätze im Bereich der politischen Geschichte.

Das Projekt besteht aus drei miteinander verknüpften Teilprojekten, die unterschiedliche Aspekte der Thematik vertieft untersuchen. Der geographische Schwerpunkt der Teilprojekte liegt auf dem frühneuzeitlichen Corpus helveticum und seinen politischen und kulturellen Verflechtungen. In zwei Workshops und einer internationalen Konferenz werden die Ergebnisse der Teilprojekte in einen weiteren europäischen und transatlantischen Zusammenhang gestellt.

Prof. Dr. Nadir Weber

Das Teilprojekt A analysiert, wie das Spannungsfeld von Geheimhaltung und kollektiver Regierung in frühneuzeitlichen gedruckten Quellen diskutiert wurde. Wurden die Konzepte der res publica und der arcana imperii als Gegensätze gesehen – oder setzte republikanische Souveränität im 17. Jahrhundert gerade auch die Fähigkeit zur Geheimhaltung voraus? Als Hauptquellen für die Rekonstruktion dieser europäischen Diskurse dienen Werke der politischen Theorie sowie Staatsbeschreibungen, Reiseliteratur und historiographische Werke zu ausgewählten frühneuzeitlichen Republiken. Eine Auswahl dieser Quellen soll über die Projekthomepage allgemein verfügbar gemacht werden. In einem zweiten Schritt legt das Teilprojekt einen Fokus auf die Eidgenossenschaft und zieht dabei weitere, auch ungedruckte Quellen hinzu. Ziel ist es dabei, die Entwicklung von Geheimhaltungsregimen in der Schweiz in der longue durée darzustellen.

M.A. Debora Heim

Im Europa des späten 16. und 17. Jahrhunderts entstanden in Monarchien wie auch in Republiken zahlreiche Beratungsgremien, die als «Geheime Räte» bezeichnet wurden. In den kollektiv regierten Gemeinwesen stellten sich Fragen zur Praktikabilität und Legitimität von Geheimhaltung jedoch in anderer Weise als in Fürstenstaaten, waren die Geheimräte doch nicht nur Berater des Souveräns, sondern selbst Teil der souveränen Regierung. Das Dissertationsprojekt zielt darauf ab, dieses Thema erstmals im Rahmen einer vergleichenden Studie systematisch zu untersuchen. Am Fallbeispiel ausgewählter Orte der Alten Eidgenossenschaft beleuchtet es die Rollen und Funktionen Geheimer Räte vom späten 16. Jahrhundert bis 1798. Im Vordergrund stehen die Erarbeitung der Bedeutung der politischen Geheimhaltung in frühneuzeitlichen Republiken, ein praxeologischer Blick auf unterschiedliche Formen geheimer Kommunikation sowie eine prosopographische Untersuchung der Mitglieder und Netzwerke Geheimer Räte in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft.

M.A. Jan Haugner

Frühneuzeitliche Archive waren Informationszentren, die sowohl allgemein verfügbares als auch geheimes Wissen beherbergten. Das Projekt untersucht, wie einige Orte der Eidgenossenschaft ihre Staatsdokumente aufbewahrten und die Zugänglichkeit zu diesen regulierten. Dabei werden nicht nur Raum und Orientierung im Archiv untersucht, sondern auch dessen Nutzung und Potentiale sowie die Kollision von obrigkeitlichen Normen und praktiziertem Alltag. Diese und weitere Themen untersucht das im Rahmen von Teilprojekt C entstehende Dissertationsprojekt anhand der Fallbeispiele Luzern, Zürich, Obwalden und Appenzell-Ausserrhoden. Berücksichtigt wird dabei prinzipiell die gesamte Frühe Neuzeit, wobei sich allerdings aus den Akten ein Fokus auf dem 17. und 18. Jahrhundert ergibt.

Projektleitung

Doktorierende

Hilfassistierende

Allianzschluss der Republiken Venedig
Allianzschluss der Republiken Venedig, Zürich und Bern im Jahr 1706, dargestellt von Johann Melchior Füssli, 1706 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv)