Das Konzept der Plastizität in der neurobiologischen Forschung im 20. Jahrhundert
In diesem Projekt geht es um die Entwicklung der Neurowissenschaften und die Frage nach den Entstehungsbedingungen neuer empirischer und theoretischer Ansätze in der Wissenschaft. Im Fokus der wissenschaftsgeschichtlichen Analyse steht das Konzept der Plastizität, das die Veränderungsfähigkeit des Nervensystems als Reaktion auf veränderte Ansprüche und Bedingungen in der Umgebung von Organismen erfasst. Die Differenzierung und Verbreitung des Konzepts der Plastizität wird in diesem Projekt in Zusammenhang mit einer grundlegenden Transformation der Neurowissenschaften gegen Ende des 20. Jahrhunderts gebracht. In Folge dieser Transformation hat sich das Verständnis des Nervensystems als dynamisch und lebenslang veränderungsfähig etabliert.
Das Projekt verfolgt den Ansatz der «oral history», um Forschende nach der Entwicklung ihrer experimentellen Systeme und ihren theoretischen und konzeptionellen Überlegungen zu befragen. Die erste Befragung der Forschenden erfolgte 2008 und 2009. Eine zweite Befragung ist für 2019 geplant, um den Interviewpartnerinnen und -partnern die Gelegenheit zu geben, die Dynamik der Entwicklungen ihres Feldes zu kommentieren und aus ihrer Sicht zu gewichten.
Die Entwicklungen in der neurobiologischen Forschung werden in einen historischen und gesellschaftlichen Kontext betrachtet. Eine besondere Bedeutung wird dabei der Umsetzung von Forschungserkenntnissen in neue therapeutische Ansätze beigemessen. Von Interesse sind aber auch die Zusammenhänge zwischen dem wissenschaftlichen Verständnis des Nervensystems als veränderungsfähig und regenerativ und einer ständig im Wandel begriffenen Lebenswelt.